Erwin und Kim Wortelkamp

Kopf – gedacht als Teil
für ein größeres Ganzes, 1998

Das Motiv des Kopfes ist zentral im Werk des Bildhauers Erwin Wortelkamp. Seine „Köpfe“ stehen jedoch selten für sich allein, sondern nehmen Kontakt auf mit der Umgebung: mit den betrachtenden Menschen, ihrem Umfeld, beispielsweise der Architektur. „Kopf – gedacht als Teil für ein größeres Ganzes“ – so lautet der Titel seiner Bronzeplastik in der Mitte des Brunnens am Donaucenter. Sie bildet den zentralen Bezugspunkt für die Platzgestaltung am Donaucenter, die von seinem Sohn, dem Freiraumgestalter Kim Wortelkamp stammt. Die Kopfform ragt nur teilweise aus einer Wasserfläche heraus; der größere Teil bleibt unter dem Wasserspiegel. Von ihm aus fließt das Wasser über eine schräge Ebene in einen kleinen Graben ab. Umgeben ist dieser Brunnen von einer langen, halbrunden Sitzbank, die ihrerseits von Bäumen umstanden wird. Ein Hochbeet auf der gegenüberliegenden Straßenseite komplettiert die stadträumliche Situation.

Ergänzung

Die Umgebung des Donaucenters ist kein unproblematischer Stadtraum. An der Herdbrücke als der zentralen Verbindung zwischen Ulm und Neu-Ulm gelegen, ist dieser Platz an der Kleinen Donau geprägt von zahlreichen Passanten auf ihrem Weg ans jeweils andere Donauufer. Die wuchtige Architektur des Donaucenters bildet dabei einen kräftigen städtebaulichen Akzent. Dieses Erbe stammt aus einer ambitionierten Stadtplanung um 1970 und dominiert seither die Stadtansicht Neu-Ulms vom anderen Donauufer aus. Die Gestaltung von Wortelkamp / Wortelkamp tritt 25 Jahre später an, um hier andere Maßstäbe zu setzen. Insbesondere die Brunnenanlage, die Sitzgelegenheiten und die Begrünung mit Bäumen sind als Einladung gedacht, sich hier länger aufzuhalten.

Kommentar

Stadtplätze zu schaffen ist eine heikle Aufgabe. Der öffentliche Raum wird von vielen Faktoren beeinflusst. Städtebau und Architektur sind dabei keineswegs immer die einzigen gestalterischen Impulse; auch der Straßenverkehr, Reklametafeln, Bushaltestellen oder Beschilderungen prägen ein Stadtbild. Aus der Benutzerperspektive haben sich viele Menschen an solcherart „gewachsene“ Zustände gewöhnt – und nicht jede Änderung des Erscheinungsbilds ist von vornherein willkommen. Ambitionierte Großprojekte wie das Donaucenter aus den 1970er-Jahren werden heute oft als überholt angesehen und infrage gestellt. Dennoch gehören sie zur gemeinsamen Geschichte und prägen das kollektive Gedächtnis. Wortelkamp / Wortelkamp unterbrechen die einstmals breit durchgeführte Straße mit einer Platzanlage. Sie setzen so einen Gegenakzent zur bestehenden städtebaulichen Situation: Der Brunnen und die Sitzanlage berücksichtigen menschliche Proportionen. „Gedacht als Teil eines größeren Ganzen“: Die Anlage von Wortelkamp / Wortelkamp ist eine aus der Analyse des Ortes gewonnene Form. Sie spielt mit stadträumlichen Möglichkeiten, die sich entwickeln, und Angeboten, die angenommen oder abgelehnt werden können.

Impuls

Ob der Platz wohl in Zukunft breit akzeptiert oder gar von der Bevölkerung geliebt und frequentiert wird? Wenn man sich vorstellt, die zentrale Skulptur im Brunnen wäre wirklich ein Kopf, was würde er sehen? Was müsste geschehen, damit dieser Platz ein zentraler Treffpunkt an der Schnittstelle zwischen Ulm und Neu-Ulm wird?

Zweiter Blick

Detail: der Kopf