Herbert Volz

Die vier Farben des Kantenspektrums in Reihung, 1994

Klare geometrische Formen, kräftige Farbflächen: die Skulpturen des Ulmer Künstler Herbert Volz trifft man in der Doppelstadt häufiger an. „Die vier Farben des Kantenspektrums in Reihung“ heißt seine neunteilige Plastik am Donauufer. Das Wort „Kantenspektrum“ stammt aus der Optik. Wenn man eine kontrastreiche Kante durch ein Prisma betrachtet, entsteht ein farbiger Saum aus verschiedenen Farben: das Kantenspektrum. Bereits Johann Wolfgang von Goethe und Isaac Newton beobachteten dieses physikalische Phänomen. Helle Kanten erzeugen dabei ein warmtoniges Farbspektrum; an dunklen Kanten kann man das Gleiche in kalten Farbtönen wahrnehmen.

Ergänzung

Herbert Volz gestaltet auf der Basis dieser Erkenntnisse eine eigene, künstlerisch bestimmte Form. Die Grundfarben Gelb, Rot und Blau sowie Violett als die Mischfarbe aus Rot und Blau bilden eine sich regelmäßig wiederholende Farbfolge. Quadratische Felder aus diesen Farbtönen bestimmen die ansonsten grauen Betonstelen. Jeweils zwei farbige Seiten liegen sich auf einer Stele gegenüber. Dabei ist die oberste Farbe jeweils eine andere: Auf diese Weise lässt Volz hier ein regelmäßiges Muster im Ablauf der Farbtöne entstehen. Die neun Stelen teilen sich in zwei Gruppen zu beiden Seiten des Donauwegs auf: sieben zur Donau hin, zwei zur Stadt. Bis auf die äußersten Stelen haben sie jeweils einen rautenförmigen Grundriss. Ihr oberer Abschluss liegt auf genau der gleichen Höhe; weil sie auf der Böschung zur Donau hin stehen, haben sie jedoch unterschiedliche Längen.

Kommentar

Je nach Perspektive erweist sich vor allem die siebenteilige Reihe der farbigen Betonstelen von Volz am Uferhang als höchst wechselhafter Eindruck. Von der auf die Donau zuführenden Straße „Am Steg“ aus wirkt die Arbeit fast wie eine Art Gitterwand aus Stelen. Ihre Farbgebung lässt sie dabei wie aus Quadern zusammengesetzt erscheinen. Wer dagegen den Fuß- und Radweg entlang der Donau nutzt, erlebt die Arbeit eher wie ein flankierendes Schleusentor. In einer bewegten Wahrnehmung ändert sich der Eindruck: Was eben noch grau erschien, wird farbig, was wie eine Folge von Stelen auf rautenförmigem oder dreieckigem Grundriss aussah, scheint sich zur Wand zusammenzuschließen. Erst beim Weiterbewegen löst sich dieser Eindruck wieder auf. Die Arbeit erweist sich als genau an diesen speziellen Ort auf dem Donauweg angepasst. Das Farbenspiel und die geometrischen Formen der einzelnen Stelen verbindet diesen Ortsbezug mit dem wissenschaftlichen Phänomen aus Optik und Geometrie. Das im Titel verwendete Wort "Kantenspektrum" kann so eine zusätzliche Bedeutung bekommen: Immerhin steht die Arbeit selbst auch auf einer Geländekante und reagiert auf sie.

Impuls

Wie verhält sich die skulpturale Anlage zu ihrer topografischen Situation? Wer einen Grundriss zeichnet oder sie im Satellitenatlas ansieht, kann entdecken, dass die Anlage der Skulptur weitere Aspekte offenbart, als Landmarke etwa oder in ihrer Schattenbildung.

Zweiter Blick

Detail: Farbspektrum

Seitenblick

In Sichtweite auf dem gegenüberliegenden Ufer steht eine zweite Arbeit von Herbert Volz: „Drei Grundfarben gegenübergestellt“.

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